Träge schleppte ich mich zum Strand zurück. Mein Kopf und so ziemlich alle Körperteile, von denen ich die meisten nicht einmal benennen konnte, taten mir bis ins unendliche weh. Meine letzte Hoffnung – einen einzigen Überlebenden vom Flugzeugabsturz letzte Nacht zu finden wurde wie die Blätter einer kranken Dattelpalme, die neben mir stand, vom Winde verweht. Na klasse. Mein Hals brannte und an meinem Körper hingen Fetzen meines Designerkleid, dass ich an hatte, als ich in das Flugzeug stieg. Um noch einen drauf zu setzen hingen irgendwelche Algen in meinen Haaren und taten so, als wollen sie mich verzieren. Tatsächlich jedoch fügten sie lediglich die Tatsachen zusammen, dass ich mich in einen jämmerlichen Zustand befand.
Wenn das nur meine Familie wüsste. Ob man es glaubte oder nicht, ich stamme aus einer angesehenen Familie, der so ziemlich alle Inseln in der Nähe von Hawaii gehört. Und ich war auf den Weg zu so einer Insel, nicht um mich zu erholen, denn das tat ich eigentlich die meiste Zeit meines Lebens. Nein, ich war dort auf den Weg zum Training. In letzter Zeit wurde meine Familie immer wieder von Unbekannten attackiert worden und das Ziel dieser Durchgeknallten Vögeln, die glaubten, sie können es mit der de Bell aufnehmen war tatsächlich ich. Die Erbin der Familie und damit Trägerin des Schlüssels durch Zeit und Raum. Klingt wie aus einem Fan Fiktion Film, oder? Stimmt aber, genau wie die Tatsache das mir das Bescheuerste auf der Welt passieren konnte und ich auf einer einsamen Insel gestrandet bin.
Verachtend trat ich gegen einen Stein. Nur, dass das kein Stein war, sondern eine Krabbe, die so gleich ihre krabbischen Krabbenarme ausstreckte und meine Zehen dazwischen hatte. „Au!“, rief ich aus und hüpfte auf einen Bein, während ich mit meinen Händen verzweifelt versuchte, diese Krabbe wieder los zu werden. Aus irgendeinen Grund ließ sie mich dann doch los und krabbelte weg.
Ich starrte auf das Meer hinaus, der Wind fuhr mir durch die Haare und mein Herz setzte einige Male aus. Aus irgendeinen Grund musste ich seufzten. Ganz ehrlich? Ich kam mir in diesen Moment richtig bescheuert vor. In meinem Kopf ging ich die ganzen 'Auf einer einsamen Insel gestrandet' Filme durch und überlegte, was die ganzen Helden in solchen Filmen immer machten.
Unterschlupf für die Nacht bauen. Essen besorgen. Werkzeuge herstellen. Ums Überleben kämpfen und nach Menschen Ausschau halten. Klingt ja nicht mal soooo schwer. Oder doch? Meistens hatten die in den Filmen immer gleich alle Materialien zusammen, um einen Unterschlupf zu bauen, doch hier, in der Realität fand ich am Strand nur Treibholz, ein altes Logbuch, dass keine Seiten mehr hatte und ein dämlicher Kompass dessen Nadel nicht mehr richtig tickte. Konnte eigentlich eine Kompassnadel noch richtig ticken?
Ein wenig verzweifelt stapfte ich den Strand weiter entlang und siehe da, was finde ich? Eine Flasche – mit einem Zettel drin. Ich schraubte die Flasche auf und holte den Zettel raus. Gespannt las ich ihn:
SOS.
Wir, drei Männer der de Bell Familie, sind
auf einsamer Insel gestrandet, nach Flugzeugabsturz.
Brauchen dringend Hilfe.
M. de Bell
Wie mein Gesicht aussehen musste, würde ich jetzt wohl nicht mehr fragen. Das war einfach nur bescheuert. Marschall de Bell, einer meine Bodyguards gestrandet auf einer Insel, wahrscheinlich der selben wie ich und schrieb eine so lächerliche Flaschenpost in einer noch viel lächerlichen Handschrift.
Die Flasche entglitt meiner Hand und fiel dumpf in den weißen Sand. „MARSCHAAAAALL!!!! Du Idioooooot!!“ Ob er mich hörte? Ich schrie immerhin gerade die gesamte Insel zusammen. Hoffen wir es mal. Frustriert setzte ich mich in den Sand und wartete.
Nach Stunden – ich weiß nicht mehr, wie lange ich da saß (irgendwann bin ich anscheinend eingeschlafen, da es schon dämmerte), standen drei Männer, gekleidet in Palmenwedel, sonnen gebräunter Haut und tiefschwarzer Sonnenbrille vor mir. „Miss Felizitas. Endlich haben wir sie gefunden!“, sagte der eine, welchen ich als Conrad ausmachen konnte. Neben Conrad stand Marschall und Jim, meine anderen beiden Bodyguards. „Wurde ja langsam auch Zeit“, sagte ich schnaubend. Langsam erhob ich mich, Conrad hielt mir eine Hand hin. „Auf der anderen Inselseite wird bereits auf uns gewartet. Eine von Marschalls dämlichen Flaschenpost ist anscheinend bei einem Familienmitglied angekommen. Als wir euch schreien gehört haben, sind wir sofort aufgebrochen um sie zu holen.“ Ich starrte auf seine Hand, die noch immer vor mir schwebte. „Ihr wisst schon, dass es sinnvoller gewesen wäre, wenn einer von euch auf der anderen Inselhälfte geblieben wäre und dort gewartet hätte? Jetzt rücken sie bestimmt wieder ab, wenn sie niemanden finden.“ Marschall und Jim wurden gleichmäßig weiß. Anscheinend hatten sie nicht daran gedacht. Ich seufzte und ging an den beiden versteinerten Bodyguards vorbei. „Jetzt macht schon. Wir brauchen ein Lagerfeuer und einen Unterschlupf. Für mich einen extra großen. Kapiert?“ „Ja!“ Jim und Marschall salutierten und begannen Material zu sammeln. Conrad kam auf mich zu. „Sehen sie es als Training, Miss Felizitas.“ ich schnaubte verächtlich. „Sagte der Mann im Palmenwedel-Outfit.“ Conrad lachte und ging zu den anderen beiden hinüber.
Ich hasse sie für diesen Rettungsversuch. Schafften es nicht einmal klar darüber nach zu denken. Trotzdem gefiel mir es, sie schuften zu sehen.