Behutsam strich der Junge über die Hand des Mädchens. Schweissperlen glänzten auf ihrer beinahe Schneeweiss schimmernden Haut, ihre langen schwarzen Haare hingen schlaff herab und umrahmten ihr einst so wunderschönes Gesicht. In den Augen des Mädchens war trauer, sie waren beinahe trübe davor. Die Haut war eingefallen, wirkte beinahe grau im Gesicht; ihr Atem ging flach. Kalt, fühlte sie sich an. Die Augen des Jungens waren mit Tränen gefüllt, seine Schwester lag im Sterben, und er, der sie die ganzen Jahre über begleitet hatte, er konnte nichts tun. "Alles wird gut", sagte er mit zitternder Stimme, so leise, dass die weisse kälte in diesem Krankenhaus sie zu verschlingen schien. Er versuchte sich selbst, und ihr Mut zuzureden, Mut; an den keinen mehr glaubte. "Hör zu Kevin!", flüsterte das Mädchen, ihre Stimme war brüchig und schwach, unter jedem ihrer Worte, konnte man den Atem hören. "Wenn ich sterbe dann...", ihre Worte wurden von einem Heftigen Hustenkrampf erschüttert. "Dann werde ich euch mitnehmen!", erneut ein Heftiger, ungewollter Unterbruch ihrer Stimme. Schock breitete sich im Gesicht ihres Bruders aus. Verwirrung, gar Angst vor seiner Todkranken Schwester. "In jedem von uns wird eine Welt untergehen, wenn du unsere Erde verlässt!", sagte er, nachdem er seine starre überwunden hatte. "Nein keuchte sie!", ihre Stimme war nun erstickt und Panik schwang darin.,,Ich...", sie brach ab, ihr Körper wurde von heftigen Hustenkrämpfen geschüttelt, zitternd sank sie zurück, ihre Augen schlossen sich, als ein letztes Zittern ihren dünnen, beinahe mageren Körper durchzog. "Es tut mir leid...", flüsterte sie.
Ihre Hand sank hinab. Und ihr Herz hörte auf zu schlagen. Für immer. "Nein!", schrie ihr Bruder, zuerst Leise, dann immer lauter, ohne Respekt auf die anderen zu nehmen, schrie er sich den Schmerz aus der Seele, schlug gegen das Kissen und sank schliesslich kraftlos, weinend zu ihr nieder. Jetzt hatte er nichts mehr. Er hatte mit seiner Schwester in einem kleinen Haus gewohnt, deren Eltern waren Tot, und er? Er war nun allein. Der Himmel draussen verdunkelte sich, beinahe schwarze Wolken hingen sich daran, Donnergrollen erklang. Mit einem Mal begannen bebte das Haus, die Dinge vibrierten. Irgendwo zerbarst eine Lampe. Die Fenster wurden aufgerissen und Hagel, Eisklumpen in der grösse von Tennisbällen. Wucherten in den Raum. Der Junge wurde auf den Boden geschleudert, an die Wand gepresst. Blut troff aus einer Wunde an seiner Schläfe und die Dunkelheit schien ihn langsam einzumatten. Sie hatte recht gehabt. Ob es ein Fluch war? Waren seine letzten Gedanken...